Votivkirche
Carl Moll malte die Ansicht der Votivkirche im Rahmen einer Reihe von Wien Motiven, welche Bauwerke aus der Ringstraßen Ära darstellten. Dazu zählte auch eine vergleichbare Ansicht der 1873 errichteten Augartenbrücke über den Donaukanal um 1900. Zu dem Gemälde der Votivkirche existieren, wie zu jenem der Augartenbrücke Studien, welche sich von den ausgeführten Motiven durch größere Spontaneität in der Pinselführung auszeichnen. Auf den Studien sieht man jeweils auch Tramways, indem Moll Wien hier als Moderne Metropole der Monarchie zeigte. Auf die Darstellung der Verkehrsmittel verzichtete Moll dann allerdings im ausgeführten Motiv der Votivkirche. Im Jahr 1937 kam eine weitere, heute verschollene Ansicht der Votivkirche zur Versteigerung im Dorotheum, welche einen erweiterten Blickwinkel und eine andere Staffage aufwies. In dem vorliegenden Bild führt die Figur der Frau mit dem Kinderwagen im Bildvordergrund den Blick des Betrachters in die Bildtiefe, wo mehrere Spaziergänger und Passanten entlang der Grünfläche flanieren. Molls Bild zeigt die Kirche, die zur Erinnerung an ein glücklich überstandenes Attentat auf Kaiser Franz Josef I errichtet wurde, im hellem Sonnenlicht, wobei er besonderes Augenmerk der impressionistischen Interpretation der neugotischen Fassade widmete. Die malerische Behandlung des Bauwerks durch Moll erscheint inspiriert durch Claude Monets Bilderserie der Kathedrale von Rouen, welche der französische Impressionist zu Beginn der 90er Jahren gemalt hatte. Das Gemälde aus dem Besitz der Pianistin Margarete Gelbard-Asséo, der zweiten Ehefrau von Otto Zuckerkandl, wurde in späterer Zeit am oberen Rand verlängert.