Carl Moll
Einleitung
Das Online-Werkverzeichnis Carl Moll (1861–1945)
Carl Moll, 1897 Mitbegründer der Secession, visualisierte als Maler und Grafiker parallel zu Gustav Klimt die Lebenswelt der Wiener Moderne zur Zeit der Jahrhundertwende. Im Anschluss an das für ihn unergiebige Studium an der Akademie hatte er sich dem Kreis um den Landschaftsmaler Emil Jakob Schindler familiär angeschlossen und ab 1888 an den Ausstellungen des Künstlerhauses beteiligt. Das Scheitern des Versuchs einer Öffnung zum Ausland im Ausstellungsprogramm hatte ihn veranlasst, diese Künstlervereinigung mit seinen Freunden Klimt, Koloman Moser, Josef Maria Olbrich und Josef Hoffmann u. a. zu verlassen und sich der Lebensreformbewegung anzuschließen. Einflussreiche, gut befreundete Sammlerkreise aus dem meist jüdischen Großbürgertum unterstützten die künstlerische Neuorientierung und den Bau der Secession. Als Präsident 1900/01 verhalf Moll mit seinen Kollegen in der VIII. Ausstellung im November 1900 der Idee des Gesamtkunstwerks zum Durchbruch. Man präsentierte neben österreichischer verstärkt internationale zeitgenössische Kunst, vom schottischen Jugendstil bis zum belgischen Symbolismus, insbesondere französischen Impressionismus, den Moll bei der Weltausstellung in Paris 1900 in Originalwerken studiert hatte. In seiner Malerei folgte er dem Ideal des Gesamtkunstwerks, das auch bei der durch Josef Hoffmann errichteten Künstlerkolonie auf der Hohen Warte ausschlaggebend war, wo die beiden Fotografen und Kunstmäzene Friedrich Viktor Spitzer und Hugo Henneberg in eigenen, sowie Moll und Moser in einer Doppel-Villa lebten. Moll war 1903 Mitbegründer der Wiener Werkstätte und thematisierte in seinen Interieur- und Gartenbildern anhand geometrisch definierter Raumverhältnisse die neue Lebenswelt. Das Quadrat als Bildformat und Designmotiv war für die Architektur Josef Hoffmanns und den Wiener Jugendstil typisch und wies voraus auf das Raster als metaphorische Gestalt der geometrischen Abstraktion in der klassischen Moderne. In seinen Bildkompositionen belebte Moll das fein balancierte System aus Linien und Flächen durch malerische Akzente einer reduzierten Farbskala in den Primärfarben mit hoher Sensibilität für die Materialität der Oberflächen. Seine Winterbilder sind optische Impressionen von in Spektralfarben reflektierenden Schneefeldern, wobei er sich an der Lichtmalerei des französischen Impressionismus, Post- und Neoimpressionismus orientierte. In unmittelbarem thematischem Zusammenhang mit seiner Malerei schuf er sein, zeitlich auf das erste Jahrzehnt begrenztes, druckgrafisches Werk. Inspiriert durch den Japonismus gelangen ihm in der Technik des Farbholzschnitts in mehrfarbigem Aquarelldruck durch individuelle Farbverläufe atmosphärische Einzelblätter, welche moderne Wiener Interieurs der Jahrhundertwende als Raumschmuck ideal bereicherten.
Seit 1904 Leiter der Galerie Miethke, brachte Carl Moll Paul Gauguin, Vincent van Gogh und Meisterwerke von Francisco de Goya nach Wien. Er beteiligte sich an den beiden Kunstschauen 1908 und 1909 und vermittelte bedeutende Werke an die Moderne Galerie, das heutige Belvedere. Nachdem er 1912 die Galerie Miethke verlassen hatte, wurde er zunehmend pastoser und befreite den Pinselstrich von der rigorosen Interpretation der Gegenstandswelt. Er förderte die junge Künstlergeneration, Oskar Kokoschka, Anton Kolig, Franz Wiegele und Herbert Boeckl. Vor allem im Süden Europas malte er ein fulminantes Spätwerk. Inspiriert durch van Gogh und Paul Cézanne gestaltete er im vehementen, temperamentvollen Pinselduktus seines Altersstils momenthafte Impressionen mediterraner Küstenstreifen als Fest für die Augen.
Moll, der in seiner Persönlichkeitsbildung durch das Leben im Großreich der Österreichisch-Ungarischen Monarchie geprägt war, bekannte sich im hohen Alter verblendet zum Nationalsozialismus, ohne dass diese Haltung einen bemerkbaren Einfluss auf sein künstlerisches Werk und organisatorisches Wirken gehabt hätte. Der Catalogue raisonné Carl Moll in der Reihe Belvedere Werkverzeichnisse wurde durch das Sponsoring des Dorotheum ermöglicht.
Bei dem mit 27. November 2019 in einem ‚soft-launch‘ publizierten Online-Werkkatalog handelt es sich um eine vorläufige Version. Änderungen bis zur Drucklegung im September 2020 vorbehalten.
INHALT
Der Online Catalogue raisonné von Carl Moll wird stilistisch in Werkperioden, inhaltlich in Themen und technisch in Gattungen aufgeschlüsselt.
Werkperioden
1878–1896 | | Frühwerk – Künstlerhaus |
1897–1904 | | Secession |
1905–1911 | | Klimtgruppe – Kunstschau – Galerie Miethke |
1912–1920 | | Maler & Kurator |
1921–1945 | | Spätwerk |
Themen und Verschlagwortung
Landschaften: Wien – Stadtbilder – Hohe Warte – Prater | Mittelmeer – italienisch-französische Riviera – Algier | Semmering
Interieurs und Stillleben: Arbeitsdarstellungen – Moderne Innenräume: Hohe Warte | Atelierbilder
Technik
Malerei
Grafik