Otto Rudolf Schatz
Einleitung
Zum Online Werkverzeichnis Otto Rudolf Schatz
Nach Carry Hauser ist Otto Rudolf Schatz (18.1.1900 – Wien – 26.4.1961) der zweite Künstler der klassischen Moderne in Österreich und Hagenbundmitglied, der nun im siebten Band der Reihe Belvedere Werkverzeichnisse gewürdigt wird. Das Werkverzeichnis Otto Rudolf Schatz ist eine Hybridpublikation von Buch und Online Catalogue raisonné mit einer englischen Textfassung: Die gedruckte Fassung enthält eine ausführliche Monografie, in der neue Forschungsergebnissen zu Leben und Werk und der Stellenwert von Schatz als Künstler im internationalen Kontext beleuchtet werden. Der Band enthält auch den Katalog der Malerei. Dieser wird durch die zusätzliche Erfassung der Zeichnungen und Druckgrafik online auf der Website des Belvedere ergänzt, sodass jene, in der Monografie genannten Papierarbeiten bereits digital abrufbar sind und durch weitere exemplarische Arbeiten sukzessive erweitert werden. Außerdem befindet sich auf dem Online Forum Belvedere Werkverzeichnisse eine englische Fassung der Monografie, um dem internationalen Publikum die Bedeutung von Otto Rudolf Schatz als einem der wichtigsten Künstler der Neuen Sachlichkeit entgegenzubringen.
Das Werk von Otto Rudolf Schatz fasziniert heute gleichermaßen durch den ausgeprägten künstlerischen Charakter in allen Schaffensperioden wie in seiner Funktion als Zeitspiegel. Schatz hat in Kenntnis zeitgenössischer Kunsttendenzen jeweils nur jene Aspekte aufgegriffen, die seiner Auffassung von Kunst als sozial-humanem Bildungsimpuls im aufklärerischen Sinn entgegenkamen. Oft im Widerspruch zum künstlerischen und auch politischen Mainstream gelang es ihm, trotz gravierender Schicksalsschläge, politischer Verfolgung und Armut, diese Eigenständigkeit bis ins Spätwerk zu bewahren. Damit entsprach er dem sozialdemokratischen Narrativ eines „ewigen Rebellen“ und kreierte als Künstler gleichzeitig aus eigener Anschauung ein für Wiener Verhältnisse charakteristisches Vokabular als Teil der zentraleuropäischen Moderne an der Schnittstelle zwischen Literatur und Kunst, zwischen Expressionismus und Neuer Sachlichkeit. Dabei gehörte er zur Generation jener Künstler, die – traumatisiert durch die Erfahrung der Kriegsgräuel im Ersten Weltkrieg – nach dem Zusammenbruch des Habsburgerreichs dem gesellschaftspolitischen Ideal des „Neuen (demokratischen) Menschen“ Ausdruck verliehen. Sein Œuvre ist ein weiterer Beweis dafür, dass die Kunstblüte zur Zeit der Jahrhundertwende auch nach dem Ersten Weltkrieg durch Konzentration der geistigen Kräfte in der ehemaligen Kaisermetropole Wien auf beeindruckendem und bisher unterschätztem Niveau in der Kunst der Zwischenkriegszeit oft als Subkultur oder Exilkunst fortgeführt wurde. Trotz politischer und wirtschaftlicher Krisenjahre bildete sie einen wesentlichen Teil der zentraleuropäischen Moderne.